Der Holzspan
  1997
 
 
Vogelbeere (Sorbus aucuparia)

Die Vogelbeere oder Eberesche (Sorbus aucuparia) ist ein Laubbaum
in der Gattung Mehlbeeren (Sorbus). Andere Bezeichnungen sind
Drosselbeere, Quitsche oder Krametsbeerbaum. Die Bezeichnung
Speierling ist falsch, da dies der Name einer anderen Sorbus-Art
ist. Die Zugehörigkeit zu den Kernobstgewächsen (Pyrinae) kann
man bei genauer Betrachtung der Früchte gut erkennen; sie sehen
wie kleine Äpfel aus.

Der Name Eberesche leitet sich vom
altdeutschen „Aber“ (wie in „Aberglaube“) und von „Esche“
ab und rührt daher, dass die Blätter jenen der Eschen ähneln,
aber dennoch keine nähere Verwandtschaft zwischen diesen Baumarten
besteht. Eine andere Etymologie führt den Namen auf ein
indogermanisches Wort für „dunkelrot“ zurück, was die Beerenfarbe
bezeichnet.

Vorkommen


Die Vogelbeere ist in Europa (mit Ausnahme des Mittelmeerraumes)
sowie in den gemäßigten Bereichen Asiens heimisch. Die anspruchslose
Vogelbeere ist ein schneller Besiedler von Brachflächen und kommt
auf Lichtungen, in Hecken oder an Waldrändern, in Norddeutschland
vorwiegend in Knicks als Überhälter vor. Ihr Bodenspektrum reicht
von mager bis nährstoffreich, von trocken bis feucht und von sauer
bis basenreich. Sie gedeiht sowohl in Laub- als auch in Nadelwäldern,
auf Moorböden ebenso wie auf trockenen Steinhängen. Im Gebirge findet
man den Baum bis an die Baumgrenze, in Norwegen bis an die
Eismeerküste. Er löst in den Gebirgsvorwäldern häufig die Birke als
vorherrschenden Baum ab. Die Eberesche wird außerdem oft im Garten-
und Landschaftsbau angepflanzt. Deshalb ist sie in Städten häufig an
Straßen als Allee- oder Einzelbaum und in Gärten sowie Parks als
Zier- und Vogelschutzgehölz zu finden. Die Eberesche gilt als Licht-
bis Halbschattenbaumart.

Beschreibung


Eberesche als Feldgehölz

Die sommergrüne Vogelbeere erlangt ein gewöhnliches Alter von 80,
in seltenen Fällen, vor allem als Gebirgsbaum auch bis 120 Jahren.
Mit einer durchschnittlichen Höhe von 15 m ist die Eberesche ein eher
kleinwüchsiger Baum. Einzelstehend, ohne Beschattung konkurrierender
Gewächse kann sie auch Wuchshöhen bis 25 m erreichen. Stockausschläge
der Eberesche wachsen gewöhnlich mehrstämmig als wesentlich kleinerer
Strauch. In den ersten 20 Jahren wächst sie relativ schnell, danach
stockt das Wachstum. Die Eberesche besitzt ein weitreichendes und
tiefgehendes Senkerwurzelsystem und die Fähigkeit, sich über
Stockausschläge und Wurzelbrut vegetativ zu vermehren. Auf
Pseudogleyböden wurzelt sie hingegen relativ flach. Ihre Wurzeln
sind - typisch für Sorbusarten- von einer ektotrophen Mykorrhiza
umgeben, wodurch die Versorgung mit Nährstoffen unterstützt wird.
Der Pilz Glomus intradices konnte als arbuskulärer
Mykorrhizapartner der Eberesche festgestellt werden.

Kennzeichnend für die Eberesche ist ihre zierliche Gestalt sowie
die oval bis rundliche, unregelmäßig aufgebaute und locker gehaltene
Krone. Der Stamm der Eberesche zeichnet sich durch eine schlanke,
walzenförmige Wuchsform aus. Die Äste stehen vom Stamm ab oder sind
schräg nach oben gerichtet. Die glatte, glänzende Rinde jüngerer
Bäume ist gelblich bis grünlich grau gefärbt und zeigt längliche,
quer zur Wuchsrichtung gestellte Lentizellen, die den Gasaustausch
mit der Umgebung sicherstellen. Mit zunehmendem Alter des Baumes
nimmt die Rinde eine mattgraue Färbung und feinrissige Struktur an.
Nur wenige Exemplare entwickeln im hohen Alter im unteren
Stammbereich eine schwärzliche, längsrissige
Borke. Jungtriebe
bilden gewöhnlich eine weiche, filzige Behaarung aus und sind
aschgrau gefärbt.

Knospe der Eberesche


Die Winterknospen der Eberesche sind meist dunkelviolett gefärbt
und weißfilzig behaart. Dies stellt ein wichtiges
Unterscheidungsmerkmal zum Speierling dar, dessen grüne und
klebrige Knospen allenfalls an den Schuppenrändern eine feine
Behaarung entwickeln. Die Endknospe an den Zweigspitzen ist
gewöhnlich gekrümmt.

Der deutsche Name stammt von den rot-orangefarbigen beerenartigen
Früchten, die der Baum im Frühherbst entwickelt und die gerne
von Vögeln gefressen werden. Mit dem Kot der Vögel werden die
Samen weit ausgebreitet (Vogelausbreitung). Die leuchtend roten
und kugeligen „Beeren“ sind im botanischen Sinne jedoch
Apfelfrüchte. Sie enthalten gewöhnlich drei Samen und bilden
einen Durchmesser von etwa 1 cm aus. Häufig hängen die Früchte
bis in den Winter hinein in dichten Büscheln am Baum. Sie
enthalten viel Vitamin C, wirken aber aufgrund des Gehaltes
an Parasorbinsäure abführend. Der Geschmack der rohen Früchte
wird durch Äpfelsäure und Gerbstoffe bestimmt, weshalb sie
trotz ihres Zuckergehaltes von über 10% unverarbeitet nicht
genießbar sind. Vor allem aus einigen Zuchtsorten
(Essbare Vogelbeere / Sorbus aucuparia edulis) lassen sich
Marmeladen bereiten.

Blätter und Blüten

Die wechselständigen Blätter sind unpaarig gefiedert und
dabei etwa 20 cm lang und 8-11cm breit; ein Blatt setzt sich
gewöhnlich aus 9 bis 19 länglich-elliptischen Blattfiedern
zusammen. Die vier bis sechs cm langen und ca zwei cm breiten
Blättchen sitzen mit einem kurzen Stiel der Blattspindel an.
Sie sind nach vorne zugespitzt und zum Grund hin asymmetrisch
abgerundet. Am Blattrand bilden sie eine scharfe, ungleiche
Zähnung aus, die zur Blattspitze hin ausgerichtet ist. Die
unbehaarte Blattoberseite zeigt eine sommergrüne Färbung,
wohingegen die Blattunterseite eher graugrün gefärbt ist und
eine leichte Behaarung entwickeln kann. Die drehrunde
Blattspindel weist zwischen den einzelnen Fiedern leichte
Rinnen auf. Die Blätter der Eberesche besitzen keine
Blattzahndrüsen. Im Herbst kann man die lebhaft gelbe, an
trockenen Standorten eine intensiv dunkelrote Blattfärbung
bewundern.
Die Eberesche erlangt ihre Blühfähigkeit bereits im Alter
von fünf bis sechs Jahren und blüht auf der Nordhalbkugel
von Mai bis Juli. Die zehn mm breiten, weißen Blüten stehen
zu 200 bis 300 Einzelblüten zusammengefasst in filzig-behaarten
schirmförmigen Rispen. Eine Einzelblüte setzt sich aus jeweils
fünf Kron- und Kelchblättern zusammen, welche ca. 20 Staubblätter
säumen. Eine Blüte besitzt zwei bis vier freie Griffel, deren
unterständig stehende unverwachsene Fruchtblätter in den
Blütenboden eingesenkt und mit diesem verwachsen sind und
durch die fleischige Blütenachse miteinander verbunden werden.
Bei den Blüten der Eberesche reifen die Narben vor den
Staubbeuteln, was botanisch als Proterogynie bezeichnet wird
und Fremdbestäubung fördert. Nektar wird verdeckt angeboten.
Der verhältnismäßig unangenehme Geruch der Blüten beruht auf
dem Wirkstoff Methylamin und lockt insbesondere Käfer und
Fliegen zur Bestäubung an. Aber auch Bienen schätzen den Nektar
der Pflanze. Die Früchte reifen im August und September.

Ökologie


Die Eberesche ist eine wichtige Futterpflanze für Tiere.
Nachgewiesen wurde dies bislang für 31 Säugetier- und 72
Insektenarten, darunter 41 Kleinschmetterlinge und zwölf
Rüsselkäfer. Insgesamt wurden 63 Vogel- und 20 Säugetierarten
als Nutzer der Früchte festgestellt. Insbesondere Singdrossel,
Misteldrossel, Rotkehlchen, Mönchsgrasmücke, Kleiber und Gimpel
schätzen die Früchte der Eberesche und nutzen den Baum, ebenso
wie der Grünspecht als Nistgehölz. Eine wichtige Rolle spielen
die Früchte in der Ernährung von Rotdrossel und Seidenschwanz,
die aus Nordeuropa kommend, den Winter in unseren Breiten
verbringen. Aber auch Fuchs und Dachs verschmähen die Früchte
nicht. Da die Samen unverdaut wieder ausgeschieden werden,
wird die Ausbreitung der Eberesche effektiv sichergestellt.

Eichelhäher und verschiedene Nagetiere, wie Siebenschläfer,
Haselmaus, Gelbhals- und Feldmaus legen sich – im Boden
versteckt – Wintervorräte der Früchte an. Da diese oftmals
vergessen werden, leisten sie ebenfalls einen wichtigen
Beitrag zur Ausbreitung der Art. Paarhufer wie Reh und
Rothirsch ernähren sich von den Blättern, Trieben und
Knospen der Bäume, der Weißdornkäfer und der Mittlere
Schwarze Rüsselkäfer (Otiorhynchus niger) bevorzugen
Triebe und Blätter.

Insbesondere für die Raupen des seltenen Spanners Venusia
cambrica und des vom Aussterben bedrohten Gelben Hermelins
(Trichosea ludifica) stellt die Eberesche eine wichtige
Nahrungspflanze dar. Die Raupen des Baum-Weißlings
(Aporia crataegi) tun sich ebenfalls an der Eberesche gütlich.

Die Eberesche zeichnet sich besonders durch Frosthärte und
Winderträgnis aus. Auch gegenüber Spätfrösten zeigt sie sich
resistent. Ihre weitreichenden Wurzeln dringen in tiefe
Bodenschichten vor. Da sie sich durch Wurzelbrut auch vegetativ
vermehren kann, wird sie gerne zur Bodenbefestigung eingesetzt.
Das abgeworfene Laub der Eberesche zersetzt sich relativ rasch
und setzt dabei relativ viel Magnesium frei. Dies hat einerseits
einen positiven Effekt auf die Humusbildung, andererseits
verbessert der Baum hierdurch seine eigene Nährstoffversorgung
und ist in der Lage, Umweltbelastungen besser stand zuhalten.

Krankheiten


Seit 1960 wurden bei Ebereschen im mitteleuropäischen Raum
starke Krankheitssymptome beobachtet, darunter chlorotische
Ringe und Scheckungen. Reduziertes Wachstum und langsamer
Verfall wurden ebenfalls beobachtet. Untersuchungen
(Lit.: Benthack et al. 2005) deuten darauf hin, dass es sich
vermutlich um ein Virus handelt, das mit der Familie der
Bunyaviridae verwandt ist.
Landschaftsabhängige Bezeichnungen [Bearbeiten]

Die Eberesche – als verbreiteter Baum – hat in allen Zeiten
dem Menschen ein beliebtes, wohlschmeckendes Nahrungsmittel
und Heilmittel geboten. Aus diesem Grund sind viele regional
sehr unterschiedliche Wortschöpfungen für diese Baumart
entstanden. Das wären: Vogelbär, Blumenesche, Ebschbeere,
Zwergesche, Eibschen, Quetsche(n), Queckbeere, Quitsbeere,
Kronawetterbeere, Drosselbeere, Vogelbeere, Quitschbeere,
Queckenboom.

Auch wenn sich im Volksglauben hartnäckig das Gerücht hält,
die Früchte seien giftig, ist dies nicht richtig. Allerdings
enthalten die Beeren Parasorbinsäure, die zu Magenproblemen
führen kann. Durch Kochen wird die Parasorbinsäure zu
Sorbinsäure abgebaut, die gut verträglich ist. Gekochte Beeren
können daher auch in größeren Mengen gegessen werden. Tatsächlich
sind Vogelbeeren aufgrund ihres hohen Vitamin-C-Gehalts
(bis zu 100 mg pro 100 g Beeren, das allerdings beim Kochen
weitgehend zerstört wird) sehr gesund und waren früher ein
wichtiges Mittel gegen Skorbut. Sie enthalten außerdem
Provitamin A und Sorbit, einen Zuckeraustauschstoff. Aus der
Sorbose der Vogelbeeren wurde das Sorbit ein Zuckerersatz für
Diabetiker gewonnen. Sorbit wird heute industriell durch
Reduktion von Traubenzucker (Glukose) mit Wasserstoff
hergestellt.

Die Naturheilkunde schreibt Blättern und Blüten eine besondere
Heilwirkung zu. Getrocknet finden diese u. a. in Tees gegen
Husten, Bronchitis und Magenverstimmungen Verwendung. Auch
werden sie bei Verdauungsbeschwerden, Hämorrhoiden, Rheuma und
Gicht eingesetzt. Die Wirkung ist allerdings nicht
wissenschaftlich erwiesen. Sänger und Redner nutzen die
Vogelbeeren z. B. auch, um ihre Stimmbänder geschmeidig zu
halten.

Konfitüre

Nach den ersten Frösten verlieren die Früchte ihren bitteren
Geschmack und werden leicht süßlich. Regional, zum Beispiel im
Bayerischen Wald und in Böhmen, wird aus den Früchten Konfitüre
gekocht, die, wie Preiselbeeren, als leicht säuerliche Konfitüre
zu Wildgerichten gereicht wird. Hierfür eignen sich besonders
Zuchtsorten wie die Essbare Vogelbeere - Sorbus aucuparia edulis,
auch moravica oder dulcis genannt.

Alkoholische Getränke

Der magenfreundliche Sechsämtertropfen, der seit dem Ende des 19.
Jahrhunderts im Fichtelgebirge gebrannt wird, weist als Grundstoff
Vogelbeeren auf. Auch der tschechische Ebereschenlikör, der Jarcebinka,
ist eine Spezialität aus diesen Früchten.

Vogelbeerschnaps hat vor allem in Tirol, Salzburg und in der Steiermark
eine lange Tradition. Auf Grund der arbeitsaufwändigen Gewinnung und
Verarbeitung der Beeren und der geringen Ausbeute beim Brennen der
Maische (ca. 1,5 Liter Edelbrand pro 100 Liter Maische) ist der fertige
Edelbrand sehr selten und teuer (ca. ab 30 € pro Liter).

In Hessen wird die Vogelbeere (Eberesche) von einigen wenigen kleinen
Kelterern bei der Apfelweinherstellung verwendet, ähnlich wie der Speierling.
In der Obstweinherstellung wird die Vogelbeere wenig verwendet, obwohl sie einen
schmackhaften Wein ergibt.

Sonstige Verwendung

Die Borke kann zum Braun- und Rotfärben von Wolle verwendet werden.

Aufgrund ihrer Robustheit, großen Ausschlagfähigkeit und humusverbessernden
Eigenschaften wird die Eberesche im Lawinenschutz und der biologischen
Wildbachverbauung eingesetzt und auch in Fichtenwäldern bewusst angepflanzt.

Kulturelles und Aberglaube

Der Vogelbeerbaum war den Germanen als Thor geweihter Baum heilig.

Das Holz der Vogelbeere ist elastisch feinfasrig und schön gemasert.
Es eignet sich daher sehr gut zu Drechsel- und Schnitzarbeiten. In den
ärmlichen Waldgegenden war daher das Holz so begehrt, dass die Förster
früher Not hatten, die Bäume vor den armen Drehern von Spielwaren, die
ihr Holz nicht gern teuer kauften, zu schützen.

Im Erzgebirge hat der Vogelbeerbaum den Status eines Nationalbaums und
wird im von Max Schreyer gedichteten Volkslied vom „Vugelbeerbaam“ von
den Geschwistern Caldarelli besungen. Es gibt auch ein Lied namens
„Vogelbeerbaum“, das in Studentenverbindungen gesungen wird.

In Dalsland in Schweden schmückt der Hirte an einem dem Himmelfahrtstag
vorangehenden oder nachfolgenden Tag sein Vieh an den Hörnern mit Blumen
und treibt es daraufhin bereits um die Mittagszeit nach Hause. Er selbst
führt, mit einem geschmückten Vogelbeerbaum in beiden Händen, die Herde an.
Im Stall wird der Baum an den Giebel gepflanzt und soll während der Weidezeit
die Tiere vor bösen Geistern und Krankheit bewahren. Das Jungvieh wird benannt,
indem es bei Verkündung seines Namens mit einer Rute des Vogelbeerbaums dreimal
auf den Rücken geschlagen wird.

Nach dem keltischen Baumkreis zählt die Eberesche – neben Apfelbaum, Walnuss und
Tanne – zu den Lebensbäumen. Menschen, die in ihrem Zeichen geboren sind, wird vor
allem Lebensfreude, aber auch Anpassungsfähigkeit an schwierige Lebensumstände
nachgesagt. Die Kelten bepflanzten ihre heiligen Stätten, besonders Orakel- und
Richtplätze, oftmals mit der Pflanze. Man sagt, dass sie die Eberesche zum Symbol
des Wiedererwachens nach der dunklen Winterzeit gemacht haben. Einem irischen
Sprichwort zufolge gilt die Vogelbeere als Schutzbaum gegen Blitzschlag und
Hexenzauber. Äußerlich angewandt sollen die Beeren Wunden heilen, verzehrt man sie,
so verlängert sich das Leben um ein weiteres Jahr.
 
 
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