Der Holzspan
  2002
 
Gemeine Wacholder (Juniperus communis)

Der Gemeine Wacholder (Juniperus communis), auch Heide-Wacholder genannt, ist
eine Pflanzenart, die zur Gattung Wacholder aus der Familie der
Zypressengewächse (Cupressaceae) gehört.
 
Volksnamen


Da der Gemeine Wacholder weit verbreitet und sehr charakteristisch ist, hat er
in den Dialekten eine Vielfalt von Namen, die sich teils auf seine Verwendung,
Eigenschaften oder Standort beziehen. Eine Auswahl dieser Namen: Quickholder,
Reckholder, Kranawitterstrauch, Krammetsbaum, Kaddig, Kranewitt, Kronabit,
Machandel, Machandelboom, Machandelbaum, Jochandel, Räucherstrauch, Wachandel,
Wachtelbeerstrauch, Feuerbaum.

Geschichtliches

An den Weihnachtstagen wurden Zweige über die Stalltüren geheftet, um Druiden
und Hexen fernzuhalten.

Beschreibung


Der Gemeine Wacholder wächst als aufrechter bis kriechender Strauch oder
kleiner Baum, der Höhen bis zu 12 Meter, maximal bis zu 18,5 Meter und
Stammdurchmesser von 0,9 Meter erreicht und ein tiefreichendes Wurzelsystem
ausgebildet. Er kann bis zu 600 Jahre alt werden. Der Stamm besitzt eine grau-
bis rotbraune Borke. Der Wacholder bildet in der Regel eine schmale kegelförmig
bis ovale Krone. Die nadelförmigen Blätter sitzen am Zweig mit einem Gelenk an.
 Die zu dritt in Quirlen angeordneten Nadeln sind stechend spitz und 1 bis 2 cm lang.
 Ihre Oberseite weisen helle Stomatastreifen und Wachsstreifen auf.

Der Gemeine Wacholder ist zweihäusig (diözisch), selten einhäusig (monözisch).
Männliche Exemplare kann man zur Blütezeit von April bis Juni gut an den
gelblichen Blüten erkennen. Die Zapfen besitzen einen Stiel und werden im
Herbst angelegt. Weibliche Blütenzapfen bestehen aus drei Zapfenschuppen. Jede
Samenschuppe trägt nur eine Samenanlage. Die Samenanlagen sind nur von oben
zugänglich. Die Samenschuppen verwachsen später mit den Deckschuppen und werden
fleischig. Die Entwicklung zum reifen beerenförmigen Zapfen dauert 3 Jahre. Im
ersten Jahr nach der Bestäubung ist der Zapfen noch grün, im dritten Jahr wird
er schließlich schwarzbraun, bläulich bereift (Wachsschicht). Die holzigen
Samen sind 4 bis 5 mm groß mit knochenharter Schale.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Nadelgehölzen bildet er nur zwei
Keimblätter (Kotyledonen) aus.

Ökologie

Der Heide-Wacholder besitzt eine Ringelborke. Die Nadeln sind scharf zugespitzt
(Fraßschutz, Kondensationspunkt für Regenwasser, Trockenheitsanpassung). Er
ist ein Tiefwurzler mit Wurzelpilz.

Er ist windblütig vom „Unbeweglichen Typ“. Der Pollen wird aus den Deckschuppen
ausgeweht. Es findet Verdauungsverbreitung durch Wacholderdrosseln (auch:
Krammetsvögel), Amseln und Birkhühner statt.

Vorkommen

Der Gemeine Wacholder ist das am weitesten verbreitete Nadelgehölz, zumindest
wenn man die Unterarten mit einbezieht. Das Verbreitungsgebiet des Gemeinen
Wacholders erstreckt sich von Nordamerika über Südgrönland, Europa, Nordafrika
bis nach Ostasien (Holarktis). Er hat damit von den Nadelbäumen die größte
Ausbreitung. Gegenüber anderen Gehölzen ist der Gemeine Wacholder sehr
konkurrenzschwach, so dass er auf trockene, sandige, steinige Standorte oder
Moorflächen verdrängt wird. Die Bestände in Deutschland sind meist sekundär
durch Weidenutzung entstanden, da der Wacholder vom Vieh nicht verbissen wird
(zum Beispiel Lüneburger Heide oder Schwäbische Alb).

Man findet den Heide-Wacholder ziemlich häufig auf sonnigen Magerweiden, an
Felsen und in lichten Wäldern. Er bevorzugt eher trockene, meist basenreiche,
oft kalkhaltige Böden. Er ist eine Lichtpflanze.

Systematik

Beim Gemeinen Wacholder (Juniperus communis) werden – einschließlich der
Nominatform – fünf Varietäten unterschieden:

    * Juniperus communis L. var. communis
    * Kanadischer Wacholder (Juniperus communis var. depressa (Pursh) Franco):
        Heimat Nordamerika.
    * Juniperus communis var. megistocarpa Fernald & H.St.John: Heimat sind
        nur die kanadischen Provinzen Québec, Nova Scotia und Neufundland in
        Höhenlagen zwischen 0 und 500 Meter.
    * Juniperus communis var. nipponica
    * Alpen-Wacholder, auch Zwerg-Wacholder genannt Juniperus communis
        var. saxatilis Pallas (Syn.: Juniperus communis subsp. alpina (Smith)
        Celakovsky, Juniperus communis subsp. nana (Willd.) Syme, Juniperus
        communis var. jackii Rehder, Juniperus communis var. montana Aiton,
        Juniperus sibirica Burgsdorff, Juniperus oblonga M.Bieb.), in
        Baumschulen wird sie oft als Juniperus c. susp. nana oder
        Juniperus c. var. montana geführt.

Sorten

Es sind mehrere Sorten zur Verwendung als Zierpflanzen gezüchtet worden, von
denen im Folgenden einige genannt sind:

    * 'Compressa': Diese aufrecht wachsende Zwergform wird bis 75 Zcm
        hoch und trägt eine silbrige Benadelung. Sie ist für Steingärten geeignet.
    * 'Depressa aurea': Diese Zwergform wird etwa 60 Zcm hoch und bis
        zu 2 Meter breit; ihre Benadelung ist bronzefarben.
    * 'Hibernica': Diese Form wird 3 bis 4,5 Meter hoch; sie wächst anfangs
        säulenförmig, später zunehmend breiter und etwas kegelförmig.
    * 'Hornibrookii': Die als niederliegender Strauch wachsende Form wird kaum
        höher als 25 cm, aber bis zu 1 Meter breit Sie trägt eine graugrüne
        Benadelung.

Nutzung

Holz

Der Gemeine Wacholder ist ein Kernholzbaum. Der relativ breite Splint weist
eine helle gelbliche Farbe auf. Das Kernholz ist rötlichbraun gefärbt. Die
mittlere Rohdichte beträgt 0,55 g/cm³. Das Holz ist in hohem Maße
witterungsresistent und verströmt einen angenehmen Duft. Da es meist nur in
geringen Dimensionen vorliegt, wird es zur Herstellung von Kleinmöbeln, zum
Drechseln und Schnitzen verwendet.

Der Gemeine Wacholder wird häufig als Zierstrauch zum Beispiel in Friedhöfen
verwendet. Für die Verwendung als Zierstrauch gibt es zahlreiche Gartenformen,
die sich in Wuchshöhe, Wuchsform, ja sogar in der Farbe der Nadeln voneinander
unterscheiden.

Früchte

Gewürz: Wacholderbeeren sind ein wichtiges Gewürz in vielen europäischen
Küchen, besonders in den Alpenländern, wo er massenhaft vorkommt. Er ist das
einzige Beispiel für ein Gewürz aus der Gruppe der Nadelhölzer (coniferae),
und auch eines der wenigen Gewürze aus gemäßigtem bis kühlem Klima, wenngleich
die besten Qualitäten aus Südeuropa stammen. Wacholder wird viel in der
traditionellen Küche Mitteleuropas verwendet, z.B. für die süddeutsche
Spezialität Sauerkraut. Dazu wird frisch geerntetes Kraut (Weißkohl) zusammen
mit Gewürzen (Wacholder, Kümmel und optional einigen Lorbeerblättern) einer
Milchsäuregärung unterzogen und dadurch haltbar gemacht. Das
Hauptanwendungsgebiet des Wacholders liegt allerdings bei Fleischgerichten;
besonders für Wild ist er unentbehrlich. Er verträgt sich gut mit Pfeffer,
Majoran und Lorbeerblättern oder auch -früchten. Wacholderbeeren, die
eigentlich Zapfen sind, sollten unmittelbar vor der Verwendung zerdrückt
werden. Obwohl sie für gesunde Menschen als harmlos gelten, wird von
Wacholderverwendung bei Personen mit Nierenschwäche und auch bei Schwangeren
abgeraten.

Wacholderschnaps: Vergoren oder als Auszug liefern die Früchte Wacholderschnaps
(beispielsweise Steinhäger, Gin, Genever, Köhm, Kranewitter).

Arzneiliche Verwendung


Badewasserzusatz: steigert die Blutzirkulation

Wacholdertee: 1 EL zerdrückte Beeren auf eine Tasse kochendes Wasser, nach
10 Minuten abseihen, trinken.

Wacholderwein: 50 zerquetsche Beeren in 1 l Wein schütten und eine Woche
stehen lassen; durch ein Sieb geben und die Beeren ausdrücken. Gegen Rheuma.

Wacholderbeeröl (Aetheroleum Juniperi) kann man durch Wasserdampfdestillation
aus reifen, getrockneten Wacholderbeeren gewinnen. Hauptbestandteile sind: Die
Kohlenwasserstoffe alpha-Pinen, Sabinen, und Myrcen. Fertigpräparate mit
Wacholderbeeröl bzw. Teezubereitungen aus den reifen, getrockneten Beerenzapfen
wirken harntreibend. Diese Wirkung ist hauptsächlich dem Inhaltsstoff
Terpinen-4-ol zuzuschreiben. Bei Überdosierung kann es zu Reizungen der Niere
kommen. Wacholder-Präparate sind bei Nierenerkrankungen und während der
Schwangerschaft kontraindiziert. Wacholderöl findet sich auch als Bestandteil
von Einreibungen Salben und Linimenten. Die Haut reizenden Eigenschaften des
alpha-Pinens führen zu einer verbesserten Durchblutung. Aber auch hier kann es
zu allergischen Reaktionen (Kontaktdermatitis) kommen.

 
 
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