Der Holzspan
  1994
 
 
Eibe (Taxus baccata L.)

Die Europäische Eibe (Taxus baccata), auch Gemeine Eibe oder nur Eibe genannt,
ist die einzige europäische Art in der Pflanzengattung der Eiben (Taxus) sowie
die älteste (Tertiärrelikt) und schattenverträglichste Baumart Europas. Die
immergrüne, langsam wachsende und harzlose Eibe wächst baum- oder strauchförmig
und wird in Mitteleuropa in der Regel nicht höher als 15 Meter. Sie kann ein
sehr hohes Alter erreichen.

Eiben sind in der Regel zweihäusig; männliche und weibliche Blüten befinden sich
auf unterschiedlichen Bäumen. Bis auf den bei Reife durch Karotinoide lebhaft rot
gefärbten Samenmantel, den Arillus, der becherartig den Samen umgibt, sind alle
Pflanzenteile der Europäischen Eibe stark giftig. In allen europäischen Ländern
gehört die Europäische Eibe zu den geschützten Pflanzenarten. In Deutschland
steht sie auf der Roten Liste der gefährdeten Arten (Gefährdungsklasse 3: gefährdet)
und war im Jahre 1994 Baum des Jahres.

Während die Nutzung der Eiben in der Forstwirtschaft heute keine wirtschaftliche
Bedeutung mehr hat, werden die schnittverträglichen Eiben seit der Renaissance
häufig in der Gartengestaltung eingesetzt. Sie wurden und werden vor allem als
immergrüne, geschnittene Hecken gepflanzt.

Die immergrüne Europäische Eibe ist in ihrer Gestalt eine sehr variable Art, die
je nach Standortbedingungen baum- oder strauchförmig wächst. An extremen Standorten
wie etwa im Hochgebirge oder in Felswänden wächst sie sogar als Kriechstrauch.
Charakteristisch und auffällig ist die dünne grau- bis rotbraune Schuppenborke der
Eibenstämme. In Mitteleuropa erreichen nur sehr wenige Bäume Wuchshöhen über 15 Meter.
Im Norden der Türkei wachsen allerdings monumentale Eiben, die Wuchshöhen von 20 Meter
erreichen und in den Mischwäldern des Kaukasus gibt es vereinzelt Eiben, die eine
Wuchshöhe von 32 Meter erreichen.
Junge Eiben weisen in der Regel einen Stamm mit einer deutlichen Hauptachse auf,
während geschlechtsreife Eiben dagegen häufig mehrstämmig sind. Auf Grund ihres
hohen vegetativen Reproduktionsvermögens sind Wurzelschößlinge, Triebstämmlinge
und die Bewurzelung von Ästen, die den Boden berühren, für die Europäische Eibe
charakteristisch. Durch die Verwachsung einzelner Stämme können bis zu 1 Meter
dicke Komplexstämme entstehen. Ab einem Alter von etwa 250 Jahren setzt bei
Eiben häufig eine Kernfäule im Stammesinneren ein, die im Laufe von Jahrhunderten
zu einer fast vollständigen Aushöhlung des Baumes führen kann. Charakteristisch für
die Altersphase von Europäischen Eiben ist, dass der Baum trotz des ausgehöhlten
Stammes zunächst eine vollentwickelte Baumkrone aufweist, bis der ausgehöhlte Stamm
das Kronengewicht nicht mehr tragen kann und Teile des Baumes weg brechen. Es
verbleiben dann kreis- oder halbkreisförmig stehende Stammfragmente, die unter
günstigen Umständen durch neue Triebe aus dem Baumstumpf oder dem Wurzelsystem
ergänzt werden. Alte Eiben haben zwei Strategien zur Verfügung, durch die sie einen
von innen heraus wegfaulenden Stamm ersetzen können: Im hohlen Stammesinneren bilden
sie gelegentlich Innenwurzeln aus, die sich zu einem neuen Stamm entwickeln können.
Alternativ können stammbürtige Triebe außen am Primärstamm senkrecht emporwachsen,
sodass sehr alte Eiben gelegentlich nur noch aus einem solchen Kranz stark verdickter
und miteinander verwachsener Triebstämme bestehen.

Die Krone der Europäischen Eiben setzt tief an: Freistehende Bäume sind häufig bis zum
Grund beastet. Die Krone ist bei jungen Bäumen breit kegelförmig und entwickelt sich
mit zunehmendem Alter des Baumes zu einer runden, eiförmigen oder kugeligen Form. Ihre
maximale Höhe erreicht die Europäische Eibe durchschnittlich im Alter von etwa 90 Jahren.
Das Dickenwachstum des Stammes setzt sich dagegen bis in ein Alter von 200 Jahren fort.

Die Nadeln, Blüten und Samen

Die weichen und biegsamen Eibennadeln haben eine linealische Form, die mitunter leicht
sichelförmig gebogen ist. Sie stehen an den Leittrieben spiralförmig, während sie an den
Seitenzweigen zweizeilig angeordnet sind. Eibennadeln sind zwischen 1,5 und 3,5 Zentimeter
lang und zwischen 2 und 2,5 Millimeter breit und erreichen ein Alter von drei bis acht
Jahren, bis der Baum sie abwirft. Eibennadeln werden auch als dorsiventral bezeichnet,
was bedeutet, dass sie eine deutlich unterscheidbare Ober- und Unterseite haben. Auf
ihrer Oberseite sind sie glänzend dunkelgrün und haben einen erhobenen Mittelnerv, der
zur Spitze hin ausläuft. An der Unterseite sind sie dagegen hell- oder olivgrün gefärbt.
Während Eibennadeln auf der Oberseite keine Spaltöffnung aufweisen, befinden sich an der
Unterseite zwei undeutliche, blassgrüne Stomabänder. Durch sie findet der Austausch
von Kohlenstoffdioxid, Sauerstoff und Wasserdampf mit der Umgebung statt. Eibennadeln
besitzen mehrere auffällige Charakteristika. Sie haben keine Unterhaut oder Hypodermis
und es fehlen Harzkanäle. Es fehlt außerdem das für andere Koniferen typische mechanische
Verstärkungsgewebe, das Sklerenchym.
Unter optimalen Standortbedingungen tragen Eiben das erste Mal Blüten, wenn sie ein
Lebensalter von 15 bis 30 Jahren erreicht haben. Unter weniger guten Standortbedingungen
kann sich die Geschlechtsreife deutlich hinauszögern. In dichten
Baumbeständen stehende Eiben, die kein ausreichendes Licht erhalten, erreichen ihre
Geschlechtsreife mitunter erst mit 70 bis 120 Jahren. Europäische Eiben sind
normalerweise zweihäusig getrenntgeschlechtig (diözisch): männliche und weibliche
Blüten befinden sich auf unterschiedlichen Bäumen. Ausnahmefälle sind einhäusig
getrenntgeschlechtige (monözische) Exemplare, bei denen sich Blüten beider Geschlechter
an einem Baum befinden. Meist weist nur ein einzelner Ast Blüten mit einem anderen
Geschlecht auf.

Die weiblichen Blüten sind nur 1 bis 1,5 Millimeter groß, stehen jeweils als Kurztriebe
in den Blattachseln jüngerer Zweige und sind auf Grund ihrer grünlichen Farbe unscheinbar.
Sie bestehen aus sich überlappenden Schuppen, von denen nur die oberste fruchtbar ist und
nur eine Samenanlage trägt. An der Basis der Samenanlage findet sich ein ringförmiger
Wulst, der sich bei befruchteten Blüten zu einem fleischigen, roten Samenmantel, dem
Arillus, auswächst. Die Blütenknospen werden im Laufe der zweiten Sommerhälfte
ausgebildet. Zur Blütezeit, die in Mitteleuropa von März bis April reicht, bildet sich
an der Spitze des umhüllenden Deckblattes ein klebriger Bestäubungstropfen aus. Dieser
nimmt die anfliegenden Pollenkörner auf und bringt, wenn er verdunstet ist, die
Pollenkörner an den Nucellus, sodass die Blüte bestäubt wird.
Die zahlreichen männlichen Zapfen stehen ebenfalls an 1 bis 2 Millimeter langen,
blattachselständigen Trieben. Sie haben eine kugelige Form mit einem Durchmesser von
etwa 4 Millimetern und enthalten sechs bis vierzehn schildförmige Staubblätter, die
jeweils sechs bis acht gelbliche Pollensäcke tragen. Wenn sich die Pollensäcke durch
Wärme öffnen, werden die Pollenkörner bereits durch geringe Windbewegungen fortgetragen.
Obwohl die Pollenkörner der Europäischen Eibe keine Luftsäcke aufweisen, ist wegen ihres
geringen Gewichtes ihre Sinkgeschwindigkeit mit 1,6 Zentimeter pro Sekunde so gering,
dass sie durch Luftbewegungen sehr weit fortgetragen werden können. Die frühe Blütenzeit,
die in einen Zeitraum fällt, in dem Laubbäume in der Regel noch keine Blätter tragen,
 stellt sicher, dass dieser Pollenflug weitgehend ungehindert stattfinden kann, selbst
 wenn die jeweilige Eibe von Laubbäumen überdacht ist. Der bläulich-braune und
 eiförmige Same ist 6 bis 7 Millimeter lang und 3 bis 5 Millimeter breit. Das Gewicht
 des Samens liegt zwischen 43 und 77 Milligramm. Jeder einzelne Same wird durch einen
 fleischigen Samenmantel, Arillus genannt, geschützt, der ihn becherförmig umgibt und
 dessen Farbe sich mit zunehmender Reife von Grün zu einem auffallenden Rot wandelt.
 Die Ausbildung dieses Samenmantels haben Europäische Eiben mit den anderen Arten aus
 der Familie der Eibengewächse gemeinsam. Dies unterscheidet diese Familie unter anderem
 von den meisten anderen Nadelgehölzen, die in der Regel verholzende Zapfen bilden. Die
 Samen reifen von August bis Oktober und keimen erst im zweiten Frühjahr. Die
 Samenverbreitung erfolgt durch Vögel, die vom süßen Arillus angelockt werden.

Für die generative Vermehrung durch Aussaat werden die Samen gesammelt, sobald sich die
Arilli rot und die Samen braun verfärben. Der Samenmantel wird mit einem Wasserstrahl
entfernt und die Samen dann bis zum nächsten Herbst gelagert. Der Keimerfolg ist größer
50 Prozent, wenn die Samen vor der Aussaat stratifiziert werden, das heißt einer
mehrmonatigen Wärme- und Kältebehandlung, die den Wechsel der Jahreszeiten nachahmt,
unterzogen werden.
Holz, Rinde, Nadeln und Samen enthalten toxische Verbindungen, die in ihrer Gesamtheit
als Taxane oder Taxan-Derivate (Diterpene) bezeichnet werden. Im Einzelnen lassen sich
unter anderem Taxin A, B, C sowie Baccatine und Taxole nachweisen. Der Gehalt an
toxischen Verbindungen ist in den unterschiedlichen Baumteilen verschieden hoch und
schwankt außerdem in Abhängigkeit von der Jahreszeit und individuellem Baum.

Die toxischen Verbindungen werden beim Menschen und anderen Säugetieren rasch im
Verdauungstrakt aufgenommen. Vergiftungserscheinungen können beim Menschen bereits
dreißig Minuten nach der Einnahme auftreten. Die toxischen Verbindungen wirken dabei
schädigend auf die Verdauungsorgane, Nervensystem und Leber sowie die Herzmuskulatur.
Zu den Symptomen einer Vergiftung zählt eine Beschleunigung des Pulses, Erweiterung der
Pupillen, Erbrechen, Schwindel und Kreislaufschwäche, Bewusstlosigkeit. Bereits ein
Auszug von 50 bis 100 Gramm Eibennadeln kann für den Menschen tödlich sein. Der Tod
tritt durch Atemlähmung und Herzversagen ein. Menschen, die eine solche Vergiftung
überleben, tragen in der Regel einen bleibenden Leberschaden davon. Bei der Verarbeitung
von Eibenholz kann bereits der Holzstaub beim Menschen Übelkeit verursachen.

Pferde, Esel, Rinder sowie Schafe und Ziegen reagieren in unterschiedlichem Maße
empfindlich auf die in Eiben enthaltenen toxischen Verbindungen. Pferde gelten als
besonders gefährdet – bei ihnen soll schon der Verzehr von 100 bis 200 Gramm Eibennadeln
zum Tode führen. Bei Rindern treten Vergiftungserscheinungen bei etwa 500 Gramm auf.
Gefährdet sind Weidetiere vor allem dann, wenn sie plötzlich größere Mengen aufnehmen.
Dagegen scheinen zumindest Rinder, Schafe und Ziegen eine Immunität gegen die toxischen
Verbindungen der Europäischen Eibe zu entwickeln, wenn sie daran gewöhnt sind, regelmäßig
kleinere Mengen davon zu fressen. Bei Kaninchen sollen bereits weniger als 2 Gramm der
Nadeln zum Tode führen. Unempfindlich gegenüber den Giften der Eiben und deshalb
Verursacher der Schäden durch Wildverbiss sind Hasen, Rehe und Rothirsche.

Das Wurzelsystem

Europäische Eiben haben ein sehr weitläufiges, tiefreichendes und dichtes Wurzelsystem.
Die Entwicklung dieses Wurzelsystems hat dabei beim Heranwachsen des Baumes Priorität
vor dem Dicken- und Höhenwachstum. Europäische Eiben vermögen dabei auch in stark
verdichtete Böden vorzudringen. Das im Vergleich mit anderen Baumarten stark entwickelte
Wurzelsystem ermöglicht auch die hohe Regenerationsfähigkeit des Baumes, bei der selbst
nach einem kompletten Stammverlust noch Wurzelschößlinge nachwachsen. In Felsregionen ist
die Europäische Eibe in der Lage, mit ihren Wurzeln in Wasser führende Senken und Klüfte
einzudringen, während sie sich an nackte Felsen klammert.

 Eigenschaften und heutige Verwendung

Die Europäische Eibe ist ein Kernholzbaum. Der schmale Splint ist gelblich-weiß und etwa
zehn bis zwanzig Jahresringe stark. Das Kernholz weist eine rötlichbraune Farbe auf. Das
wegen des langsamen Wachstums feinringige Holz ist sehr dauerhaft, dicht, hart und
elastisch sowie schwer. Seine hohe Dichte zeigt sich auch im Gewicht. Ein Kubikmeter
Eibenholz wiegt zwischen 640 und 800 Kilogramm. Im Vergleich dazu wiegt ein Kubikmeter
Holz des Mammutbaums 420, der Kiefer 510 und der Buche und Eiche jeweils 720 Kilogramm.
Eibenholz trocknet sehr gut, schwindet dabei nur mäßig und lässt sich leicht verarbeiten.
Die Europäische Eibe hat heute allerdings keine wesentliche forstwirtschaftliche Bedeutung
mehr. Das im Holzhandel nur selten angebotene Holz wird für Furnierarbeiten sowie für
Holzschnitzereien und Kunstdrechslerei sowie im Instrumentenbau verwendet.

Verwendung in der Jungstein- und Bronzezeit

In der Geschichte der Menschheit hat Eibenholz eine wesentlich größere Bedeutung gehabt,
als dem Holz heute beigemessen wird. Das harte und elastische Holz ist besonders für den
Bau von Bögen und Speeren geeignet: Bei den beiden ältesten hölzernen Artefakten, die
bislang bekannt sind, handelt es sich um zwei Speere, die jeweils aus Eibenholz gefertigt
sind. Der ältere Speer wurde in der Nähe von Clacton-on-Sea, Essex gefunden und wird auf
ein Alter von 150.000 Jahren datiert. Der zweite Fund stammt aus dem niedersächsischen
Lehringen, wo im Brustkorb eines in einer Mergelgrube konservierten Waldelefantenskelettes
eine 2,38 m lange Eibenholzlanze gefunden wurde, die den mittelpaläolithischen
Neandertalern zugeschrieben und auf ein Alter von 90.000 Jahren geschätzt wird.
Zwischen 8.000 und 5.000 Jahre alt sind acht Eibenbögen, die in verschiedenen
Ausgrabungsorten in Norddeutschland gefunden wurden. Ein ebenfalls sehr gut erhaltener
und 183 Zentimeter langer Eibenbogen wurde 1991 bei der Ötztaler Gletschermumie gefunden.
Auch dieser Bogen ist 5.000 Jahre alt.

Jungsteinzeitliche Funde weisen die Verwendung von Eibenholz für die Herstellung von
Gebrauchsgegenständen wie Löffeln, Tellern, Schalen, Nadeln und Ahlen nach. Drei
bronzezeitliche Schiffe, die in der Mündung des Flusses Humber in Yorkshire gefunden
wurden, bestehen aus Eichenplanken, die mit Eibenholzfasern miteinander verbunden waren.
Auch die Reste bronzezeitliche Pfahlbauten z.B. am Mondsee zeugen von dieser frühen
Wertschätzung des Eibenholzes, das äußerst feuchtigkeitsbeständig ist.
 
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