Der Holzspan
  1996
 
Hainbuche (Carpinus betulus)

Die Hainbuche (Carpinus betulus), auch Weißbuche oder Hagebuche genannt,
gehört zur Gattung der Hainbuchen aus der Familie der Birkengewächse (Betulaceae).
Sie wächst als mittelgroßer, laubabwerfender Baum in Europa und Westasien. Sie
ist nicht näher mit der Rotbuche aus der Familie der Buchengewächse (Fagaceae) verwandt.

Name


Die Namen Hainbuche wie auch Hagebuche leiten sich vom althochdeutschen „haganbuoche“
ab, wobei hag „Einzäunung“, „Hecke“ bedeutet, und sich auf die Schnittfähigkeit
der Pflanze bezieht. Ersterer, jüngerer Name steht ab dem Mittelalter zu
Hain „kleiner Wald“ als Wortbildung zu Hag, da Hainbuchen klimatolerant sind und
auch auf dem freien Feld gut gedeihen und daher Haine bilden können. Der zweite
Namensteil „Buche“ rührt von der äußerlichen Ähnlichkeit mit der Rotbuche (Größe,
Form und Nervenmuster der Blätter, glatte Rinde) her; in anderen Merkmalen
(Habitus, Früchte) sind Hainbuchen und Buchen jedoch völlig verschieden.
Von Hagebuche kommt das Adjektiv hanebüchen für derb, grob (hartes, zähes Holz).

Der Name Weißbuche beruht auf der im Gegensatz zur Rotbuche hellen
Holzfarbe der Hainbuche.

Merkmale

Die Hainbuche ist ein sommergrüner Laubbaum, der Wuchshöhen bis 25 Meter und
Stammdurchmesser von bis zu einem Meter erreicht. Im Kaukasus wird der Baum
bis 35 Meter hoch. Das Höchstalter beträgt etwa 150 Jahre. Die Stämme bilden
in geschlossenen Beständen acht bis zehn Meter lange Schäfte aus, im Extremfall
auch bis 18 Meter lange. Der Stamm hat meist einen unregelmäßigen Querschnitt
(spannrückig). Häufig ist der Stamm krumm.

Die Äste sind bei jungen Bäumen senkrecht orientiert und biegen im Alter
in die Horizontale um. Die Kronen sind dicht und setzen sich aus weit ausladenden
Ästen der unteren Bereiche und senkrecht orientierten Ästen der oberen Bereiche
zusammen. Freistehende Bäume bilden mächtige, breit-ovale Kronen.
Knospen, Blätter, junge Triebe
Die Winterknospen sind spindelförmig und fünf bis acht Millimeter lang. Sie
liegen dem Trieb dicht an. Die Knospenschuppen sind braun bis rotbraun und
am Rand bewimpert. Die Blütenknospen sind etwas größer und weniger spitz
als vegetative Knospen.

Die wechselständigen Blätter sind vier bis zehn Zentimeter lang, zwei
bis vier Zentimeter breit, eiförmig und am Ende zugespitzt. Der Blattrand
ist doppelt gesägt. Es gibt 10 bis 15 parallel stehende Blattadern-Paare.
Die Unterseite der Blätter ist anfangs behaart (zumindest in den Winkeln
der Blattadern), später jedoch kahl. Die Herbstfärbung ist leuchtend gelb,
die Blätter haften teilweise in braunem Zustand bis zum Frühjahr
an den Zweigen.

Die jungen Triebe sind glänzend braun (bis grünlich braun) und
schwach behaart. Später werden sie bräunlich-grau und kahl. Sie besitzen
zahlreiche weiße, elliptische Lentizellen.

Blüten und Früchte

Hainbuchen sind monözisch, d. h. sie besitzen männliche und weibliche
Blüten, die jedoch auf einem Individuum vorkommen. Den Blüten fehlen die
Kronblätter. Die Blütenstände sind reduzierte Zymen. Blüten werden an den
jungen Trieben angelegt, überwintern als Knospe und erscheinen kurz vor
und zeitgleich mit den Blättern. Die Bestäubung erfolgt durch Wind.
Blütezeit ist im Mai.
Die männlichen Blüten stehen einzeln in den Zymen an vielblütigen
Kätzchen. Diese sind hängend, vier bis sechs Zentimeter lang und
gelbgrün. Eine Blüte besteht aus acht gespaltenen Staubblättern,
eine Blütenhülle fehlt. Jede Blüte steht in der Achsel eines
Deckblattes, Vorblätter fehlen.
Die weiblichen Blüten stehen zu zweit in Zymen. Jede Zyme steht
in der Achsel eines Deckblattes. Alle Zymen zusammen bilden einen
vielblütigen, zwei bis vier Zentimeter langen Blütenstand. Jede
Blüte hat ein kleines, gewelltes Perianth und ist zudem von einem
Deckblatt und zwei Vorblättern umgeben. Die Samenanlagen besitzen
zwei Integumente, der Embryosack entwickelt sich nach dem
Polygonum-Typ. Die Befruchtung verläuft chalazogam,
die Entwicklung des Endosperms nucleär.
Die Frucht ist eine kleine, einsamige Nuss, die in der Achsel
eines dreilappigen, drei bis fünf Zentimeter langen Blattorgans
steht, welches aus den Deck- und Vorblättern der Blüte entsteht.
Dieses Blattorgan ist zunächst grün und dient der Versorgung der
sich entwickelnden Frucht mit Assimilaten. Zur Fruchtreife
vertrocknet es und dient als Flügel bei der Windausbreitung
der Früchte. Zur Reifezeit (August/September) sind die
Fruchtstände bis 17 Zentimeter lang. Die Früchte lösen sich
aber erst im Oktober/November ab.

Wurzeln und Mykorrhizen

Hainbuchen bilden in tiefgründigen Böden tiefreichende Herzwurzeln
aus. In feuchten Böden konzentrieren sich die Wurzeln in den
obersten 35 Zentimetern, weshalb die Bäume solcher Standorte
anfällig gegen Windwurf sind.

Die Art geht mehrere Formen von Ektomykorrhiza-Symbiosen ein,
bevorzugt aber keinen spezifischen Partner. Als Symbionten sind
rund 25 Arten von Ständerpilzen bekannt, aber nur wenige
Schlauchpilze und Deuteromyceten.
Holz und Rinde

Technische Holzdaten

Rohdichte             0,69-0,95 g cm-3
Druckfestigkeit     64,7 MPa
Zugfestigkeit         104,9 MPa
Biegefestigkeit     105,0 MPa
Scherfestigkeit     8,33 MPa


Das Holz der Hainbuche ist weiß bis gräulich-weiß, was ihr den
Namen Weißbuche im Gegensatz zum rötlichen Holz der Rotbuche
einbrachte. Es gibt keine Farbunterschiede zwischen Splint- und
Kernholz. Das Holz ist gleichmäßig aufgebaut, Jahresringe sind
nur schwer erkennbar. Das Holz ist sehr hart und schwer. Diese
Eigenschaft hat der Hainbuche – wie einigen anderen
Baumarten – den Namen Eisenbaum eingebracht. Die Rohdichte
beträgt im Mittel 0,82 g/cm³.[3] Das Holz hat im Mittel folgende
Zusammensetzung: 18 bis 28 % Lignin, 43 bis 49 %
Zellulose, 19 bis 27 % Pentosane.
Die Rinde ist grau, dünn und glatt. Sie kann bei alten Bäumen
in Längsrichtung aufreißen. Auch innerhalb der Rinde bilden
sich ca. 0,12 Millimeter breite Jahresringe.

Vorkommen

Obwohl die Gattung Carpinus fossil bereits aus dem Tertiär
bekannt ist, lässt sich die Hainbuche erst in Sedimenten aus
dem Quartär nachweisen. Die eiszeitlichen Refugien der
Hainbuche lagen in Südeuropa und im Kaukasus.
Ab ca. 7000 v. Chr. wanderte sie nach Mitteleuropa ein.
5000 bis 4000 v. Chr. war sie bereits weit verbreitet.
Etwa 2000 v. Chr. hatte sie ihre heutige Ausdehnung erreicht.

Areal

Das Areal der Hainbuche umschließt Mitteleuropa, Nord-Anatolien,
den Kaukasus und das Elbrus-Gebirge. Die Nordgrenze in Europa
verläuft von Südwest-England über Nordbelgien nach Nord-Dänemark,
wo die Hainbuche bei 57° 30' nördlicher Breite ihren nördlichsten
Punkt erreicht. Weiter führt die Grenze über Süd-Schweden durch
Lettland, Litauen, Weißrussland durch die Ukraine, wo sie nahe
der Mündung des Dnepr an das Schwarze Meer stößt. Sie kommt im
gesamten Kaukasus und in Küstennähe des Kaspischen Meeres auch
im Elburs-Gebirge vor. Südlich der Pyrenäen, auf Korsika,
Sardinien und Sizilien kommt die Hainbuche nicht mehr vor,
wohl aber auf der Apennin- und der Balkan-Halbinsel. Auch in
Anatolien kommt sie nur in einem schmalen Streifen entlang
der Küste des Schwarzen Meeres vor.
Optimale Wuchsleistungen erbringt die Hainbuche auf
nährstoffreichen, mesotrophen bis eutrophen Böden, die
frisch bis periodisch nass sind.
In Mitteleuropa wächst sie meist auf Braunerde und Pseudogley,
die aus diluvialen Ton- bzw. Ton-Sand-Ablagerungen hervorgegangen
sind. In Südeuropa und in den Gebirgen wächst sie auf Rendzinen,
in Südost-Europa auf Lößböden.     
 
 
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