Hängebirke (Betula pendula)
Die Hängebirke (Betula pendula) (Syn.: B. alba, B. verrucosa), auch Sandbirke,
Weißbirke oder Warzenbirke genannt, ist eine sommergrüne Laubbaum-Art aus der
Gattung der Birken (Betula). Ihr schlanker, eleganter Wuchs, ihre weiße Borke
und ihr zartes Frühjahrsgrün machen sie zum Frühjahrssymbol. In Skandinavien und
in Russland hat sie im Volksbrauchtum eine ähnliche Rolle wie die Linde und die
Eiche in Deutschland
Beschreibung
Stamm und Rinde
Die Hängebirke erreicht Maximalhöhen von 30 Metern und maximale
Stamm-Durchmesser von 0,9 Meter. Das Höchstalter beträgt 150 Jahre. Die Äste
stehen spitzwinklig ab, die Zweigenden hängen über. Die Hängebirke hat eine
weiße Glattrinde. Diese ist von einem Oberflächenperiderm gebildet, das
allerdings nicht lebenslang aktiv ist. Es platzt borkig auf und wird dann von
Teifenperiderm abgelöst. Die ältesten Schichten der weißen Glattrinde können
sich mehr oder minder großflächig abringeln oder in schmalen Streifen ablösen.
Die weiße Farbe der Rinde kommt durch eine Einlagerung von Betulin zustande.
Dieses Reflektiert das Licht vollständig, wodurch die Rinde weiß erscheint.
Die Sandbirke bildet ein nicht sehr tiefgehendes, aber intensives
Herzwurzelsystem. Die wechselständigen, gestielten Laubblätter sind 4 bis 7
Zentimeter lang. Sie sind rautenförmig, mit lang ausgezogener Spitze, ihr Rand
ist doppelt gesägt.
Die Hängebirke ist einhäusig, weibliche und männliche Blüten sind getrennt in
hängenden Kätzchen auf einer Pflanze. Blütezeit ist von April bis Mai, die Samen
reifen im August bis September. Die Samen sind etwa 3 Millimeter lange Nüsschen,
die dünnhäutig geflügelt sind. Die leichten Samen werden durch den Wind
verbreitet und keimen bei ausreichend Feuchtigkeit sofort.
Vorkommen und Ökologie
Die Hängebirke ist eine ausgesprochene Lichtbaumart mit mehrschichtiger Krone
und schraubiger Blattanordnung. In Mitteleuropa ist sie die wichtigste
Pionierbaumart, die als erste Brach-, Trümmer- und Kahlflächen besiedelt. Sie
ist gegenüber dem Boden anspruchslos und wächst auch auf trockenen Standorten,
hat aber einen großen Wasserverbrauch. Sie meidet Kalkböden und ist wegen ihrer
Anpruchslosigkeit auch auf Moorböden und auf anderen Extremstandorten zu finden,
auf die sie wegen der Konkurrenzschwäche verdrängt wird. Sie meidet Hitze und
ist mäßig frosthart, ihr Photosyntheseoptimum liegt unter 20 °C und sie ist mit
ihrem frühen Laubaustrieb an kurze Vegetationsperioden angepasst.
Hauptvorkommen ist in den borealen Nadelmischwäldern Sibiriens und Skandinaviens
und auf nährstoffarmen, trockenen Sandböden mit Kiefer und Eiche. Die Hängebirke
kommt in ganz Europa, mit Ausnahme von Nordskandinavien, in Nordamerika und
Asien vor. Ihr Verbreitungsgebiet reicht im Osten bis zum Jenissei, Altaigebirge,
Kaukasus und Nordpersien. In den Südalpen steigt sie bis auf 1.900 m ü. NN. Sie
ist Mischbaumart in lichten Wäldern, kommt in allen Waldgesellschaften vor,
besonders in Eichen-Birkenwäldern und Kiefern-Birkenwäldern, zusammen mit
Fichten und kommt auch in Mooren und Heiden vor.
Die Hängebirke hat eine aggressive Technik entwickelt, um sich in der Konkurrenz
um das Sonnenlicht gegen andere Baumarten durchzusetzen: Die durch den
Korkwarzenbesatz wie Schleifpapier wirkenden schlaff hängenden Zweiglein
schleifen bei Windeinwirkung stetig und effektiv regelrechte Schneisen in die
Baumkronen dicht benachbart stehender Bäume anderer Arten.
Nutzung
Die Hängebirke ist ein Splintholzbaum, im Alter wird manchmal ein fakultativer
Kern gebildet. Die Holzfarbe ist weiß bis rötlich-gelb. Das mittelschwere Holz
mit einer Rohdichte von 0,61 g/cm³ ist weich, aber zäh und elastisch. Es lässt
sich gut bearbeiten, ist jedoch schwer spaltbar. Im Außenbereich ist die
Dauerhaftigkeit gering. Das Birkenholz wird für den Möbel- und Innenausbau
verwendet, aus ihm werden Span-, Sperrholz- und Faserplatten und Zellstoff
hergestellt. Aus verschiedenen Maserformen werden wertvolle Furniere hergestellt.
Die Sandbirke liefert ein hervorragendes Brennholz, das auf Grund des hohen
Terpengehalts auch im grünen Zustand brennt. Das Reisig wird für Besen verwendet.
In der Phytotherapie (Pflanzenheilkunde) werden Bestandteile der Sandbirke
ebenfalls genutzt, vorwiegend Blätter, Knospen und Rinde. Im Frühjahr wird
durch Anbohren der Stämme ein Blutungssaft gewonnen, aus dem Haarwasser und
Birkenwein hergestellt wird. Aus der Rinde lässt sich Birkenteer herstellen,
der als Pix Betulinae gegen Hautkrankheiten und als Juchtenöl zur Behandlung
von Leder eingesetzt wird.
Die Rinde der Birke enthält als therapeutisch wirksame Bestandteile vor allem
Terpene, die besonders wichtige Entzündungshemmer sind und tumorhemmend wie
antiviral wirken, wie Betulin, Betulinsäure und Lupeol.
Die blutreinigende und diuretische (harntreibende) Wirkung ist bereits seit
Jahrhunderten bekannt. Blättertees werden bei Nierengries, Nieren- und
Blasensteinen und anderen Nieren-Blasenerkrankungen angewendet und auch eine
innerliche Anwendung des Birkensaftes wird beschrieben. Traditionell wird die
Sandbirke auch bei Arthritis, Cholesterinüberschuss, Gicht bzw. Hyperurikämie,
Haut- und Haarproblemen (Teere aus der Rinde und Birkensaft), Rheuma,
Transpiration und Wassersucht eingesetzt. Auch die Gallensekretion soll
gefördert werden. Nebenwirkungen sind nicht bekannt. Als Kontraindikation
gelten Ödeme infolge eingeschränkter Herz- oder Nierentätigkeit.
Von der Hängebirke gibt es zahlreiche Gartenformen, so die Trauerbirke, die
Blut-Birke und die Schlitzblättrige Birke.